Notwehr und Richterentscheidung

agentP

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Das ist korrekt, aber auch dafür ist erstmal die Voraussetzung, dass eine rechtswidrige Tat (hier: versuchter Totschlag) vorgelegen haben muss. Es geht uns hier ja i. W. um die Rechtswidrigkeit der eigentlichen Tat, also das Zustechen. Wenn das Zustechen nicht rechtswidrig gewesen wäre, dann bräuchte er auch keinen strafbefreienden Rücktritt.

Verstehe was du meinst. Andersrum geht aber auch: Wäre er vom Versuch des Totschlags zurückgetreten, dann wäre es kein Notwerexzess mehr gewesen, sondern einfach nur Notwehr und damit nicht rechtswidrig.

Ob er rechtswidrig gehandelt hat oder nicht konnte er ja in dem Moment nicht wissen, schon deswegen hätte er Tat zur Anzeige bringen müssen.
Aber ich bin kein Jurist.
 

lacrime_mundi

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Was heisst hier Notwehrexzess? Blödsinn!
Lies mal das Gesetz durch, insbesondere Paragraph 33, StGB.
Schau mal hier:
http://homepages.physik.uni-muenchen.de/~Klaus.Steinberger//budo/fsv/node3.html

Hätte er Krankewagen und Polizei alarmiert, wäre ihm gar nichts
passiert.
In solch einem Fall hat immer derjeninge bessere Karten, der den Vorfall den Behörden anzeigt.
Das war sein einziger Fehler. Nimmt man den Sachverhalt jedoch wie geschildert an, mutet die Entscheidung des Richters geradezu grotesk an.
Und dann verlangen diese Scheinheilgen Schwätzer mehr Zivilcourage.
Absurd!

lacrime_mundi
 

DrJones

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Hier habe ich auch noch eine wunderschöne Formulierung aus Wikipedia. Gefällt mir echt gut:
Notwehr berechtigt nur zur erforderlichen Verteidigung. Erforderlich ist eine Verteidigung dann, wenn sie geeignet ist, den Angriff sicher und endgültig zu beenden. Der Notwehrübende hat dabei das relativ mildeste Mittel zu wählen, allerdings muss er sich auf Risiken bei der Verteidigung nicht einlassen. Ebenso wenig kommt eine schimpfliche Flucht in Betracht, da das Recht dem Unrecht nicht weichen muss.


Ich hoffe für Sven G nur das er irgendwie die 12.500 Euro wieder zurückbekommt die dem 'Opfer' gezahlt hat. Das ist doch echt die
Höhe. So ein Straßenschläger bekommt auch noch Geld dafür das er abends
Leute verprügelt und außnahmsweise mal an jemanden gerät der sich wehrt.
Da frag ich mich manchmal schon auf wessen Seite das Gericht eigentlich
steht.
Vielleicht sollten die Richter auch öfters mal U-Bahn benutzen.
 

Mr. Anderson

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agentP schrieb:
Andersrum geht aber auch: Wäre er vom Versuch des Totschlags zurückgetreten, dann wäre es kein Notwerexzess mehr gewesen, sondern einfach nur Notwehr und damit nicht rechtswidrig.
Nicht ganz, man muss da einige Feinheiten beachten: Die Tat, von der man zurücktreten will, muss rechtswidrig sein. Und wenn man zurückgetreten ist, wird die Tat dadurch auch nicht gerechtfertigt; sie bleibt streng genommen rechtswidrig; nur wird man eben nicht dafür bestraft. Es sei denn, man hat "nebenbei" noch eine Tat mitverwirklicht.

Zum Beispiel: Angenommen, ich will (aus Rache) meinen Chef umbringen und steche mit einem Messer auf ihn ein, erwische ihn aber zunächst nur an der Schulter. Und obwohl ich problemlos weiterstechen könnte, denke ich mir plötzlich: Ach nee, mach ich doch nicht.
Dann bin ich vom Mordversuch zurückgetreten und werde für diesen nicht mehr bestraft.
Allerdings habe ich ihm "nebenbei" mit dem Stich in die Schulter eine gefährliche Körperverletzung verpasst. Ich werde also für gefährliche Körperverletzung bestraft, denn davon kann ich nicht mehr zurücktreten; die ist bereits vollendet.
Aber außerdem gilt, egal ob ich zurückgetreten bin oder nicht, dass der Mordversuch an sich nach wie vor rechtswidrig war.


Ich würde jetzt allerdings meine Aussage von vorhin etwas zurücknehmen: Es wäre möglich, dass Sven G. auch nichtmal wegen gefährlicher Körperverletzung bestraft worden wäre, weil eventuell eine gefährliche Körperverletzung als Notwehr angemessen gewesen wäre. Man müsste hierzu irgendwie von einem rechtswidrigen "Teilaspekt" der Tat zurücktreten können. Dazu kenne ich mich aber ehrlich gesagt nicht genug aus.
Das ganze würde ihm natürlich nur dann was nützen, wenn die gefährliche Körperverletzung das mildeste Mittel war, das er noch zur Verfügung hatte, oder dass sie noch als Überschreitung der Notwehr entschuldigt gewesen wäre. Da kommt es also sehr auf die Details des Falls an.
 

Ein_Liberaler

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Eben. Ich weiß nicht, wie ich zu dieser Diskussion beitragen könnte, ohne am Prozeß teilgenommen zu haben oder die schriftliche Urteilsbegündung zu kennen. Nur eins ist klar - auf die Stimmung in der Bevölkerung und auf die Wirkung des Urteils auf Schlägertypen, potentielle Gewaltopfer und Stammtische kann das Gericht keine Rücksicht nehmen.
 

agentP

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@mr_anderson
Nichts anderes wollte ich damit sagen:
Wäre er vom Versuch des Totschlags zurückgetreten, dann wäre es kein Notwerexzess mehr gewesen, sondern einfach nur Notwehr und damit nicht rechtswidrig.
Wenn ich annehme, dass durch den Rücktritt vom Totschlagsversuch Notwehr daraus geworden wäre muss ich ja annehmen, dass es sich dann trotzdem immer noch um eine Tat gehandelt hätte, die ausserhalb einer Notwehr rechtswidrig wäre, denn ohne "Tat" gibt es keine Notwehr.
z.B. wie von dir vermutet (schwere) Körperverletzung, diese minder schwere Tat hätte man dann aber vermutlich als angemessene Notwehr betrachten können.

Dass man nur von einem Versuch zurücktreten kann und nicht von einer Tat, ist eigentlich selbstredend klar.


Was heisst hier Notwehrexzess? Blödsinn!
Lies mal das Gesetz durch, insbesondere Paragraph 33, StGB.
Schau mal hier:
Paragraph 33 StGB - Notwehrüberschreitung
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.
Ganz genau und genau das hat ihm der Richter nicht geglaubt. Scheint also nicht ganz so eindeutig "Blödsinn" zu sein. :roll:

@Liberal
100%ige Zustimmung. Ich habe keine Ahnung wie das nun wirklich war und ob der Richter Mist gebaut hat oder nicht, aber da sich der "Mob" ja einig zu sein schien, dachte ich, eine abweichende Meinung könnte hier nicht schaden. Business as usual, eigentlich. :)
 

agentP

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So ein Straßenschläger bekommt auch noch Geld dafür das er abends
Leute verprügelt und außnahmsweise mal an jemanden gerät der sich wehrt
Nein, das Geld bekommt er dafür, dass er fast krepiert wäre und zwar als Einziger in dem ganzen Szenario.
 

Mr. Anderson

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agentP schrieb:
@mr_anderson
Nichts anderes wollte ich damit sagen:
Ah Ok.

Ich glaube allerdings, dass die herrschende Meinung in diesem Thread dahin geht, dass schon das Zustechen in der Situation gar nicht rechtswidrig war. Das würde dann einen Rücktritt überflüssig machen.
 

jones

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wenn ich den Artikel auf SPON richtig verstanden habe, ging es auch nicht um das Zustechen als solches, sondern, daß er obwohl er größer und schwerer war zugestochen hat und das wohl wegen der körperlichen überlegenheit als unangemessen gewertet wurde.

Die Urteilsbegründung verdeutlichte, dass die Strafkammer den Studenten nicht als Opfer sah. Der "körperlich deutlich überlegene und zudem bewaffnete" Sven G. habe mit dem Stich "überzogen" gehandelt, erklärte die Kammer. Er habe den Jugendlichen mit keinem Wort gewarnt und auch das Messer so versteckt gehalten, dass dieser es nicht bemerkt habe. Nicht zuletzt habe G. gegen S.' Hals gezielt, nicht gegen dessen Arme oder Beine.

"Es gab zwar eine Notwehrlage", so Richter Götzl, doch der Einsatz des Messers sei unverhältnismäßig gewesen. "Sie sind über das zulässige Maß weit hinausgegangen", sagte er direkt an Sven G. gerichtet.

Also beim nächsten mal, wenn es Stress gibt erstmal warnen, und dann überlegen, wohin man schlägt, um den Angreifer außer Gefecht zu setzen.
 

DrJones

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Nein, das Geld bekommt er dafür, dass er fast krepiert wäre und zwar als Einziger in dem ganzen Szenario.

Stimmt natürlich, weiß ich auch, fühlt sich für mich trotzdem komisch an,
sonst hätte ich das Thma ja auch gar nicht erst aufgemacht.
Schließlich handelt es sich bei ihm nicht um einen unbescholtenen Bürger
der nach ner Fete mit der U-Bahn nach Hause fährt sondern eben
um jemanden der schon zuvor wegen Randale aus dem Jugendheim geflogen
ist und dann andernorts genauso weitermacht.

Ein 'Täter' der eigentlich keiner ist muss dem sogenannten Opfer Geld zahlen und sich entschuldigen.
Das tatsächliche Opfer ist erstmal n Riesenbatzen
Geld los und der Täter hat jetzt mehr Geld als er vermutlich jemals in seinem
Leben besessen hat.
Juristisch ist es sicher korrekt die Fälle einzeln zu betrachten, also Megrims
Attacke einerseits und Svens Gegenwehr andererseits, aber ich glaube nicht
das Mergim S. die richtigen Schlüsse aus der ganzen Geschichte ziehen wird...
 

lacrime_mundi

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Sorry, aber mein Mitleid hält sich in Grenzen. Das war ein notorischer Schläger und wenn der bei seinen Eskapaden draufgeht, ist der selbst Schuld. Der Richter ist ein Volldepp :don: und handelt ganz sicher nicht im Namen des Volkes - jedenfalls sicher nicht in meinem Namen :mrgreen:
Wir brauche dringend andere Gesetzte ansonsten wird das nix mit der geforderten Zivilcourage.
So Typen wie diesem Richter wünsche ich mal so eine Begegnung!

Naja, für mich steht fest, dass ich niemanden Unbekannten helfen werde.
Dann sollen sie mich halt verklagen von mir aus wegen unterlassener Hilfeleistung. Solange sich dieser Staat einen Dreck darum stört, sondern statt des Opfers der Aggressor Recht bekommt, solange wird keine Hilfe zu erwarten sein. :k_schuettel:
Ferner sind die Strafen viel zu lasch. Erst wenn wirklich schwerer körperlicher Schaden entsteht oder gar ein Toter zu beklagen ist, handelt dieser krude "Rechtsstaat" Aber da müssen die Jugendlich erstmal ne Latte von Vergehen haben!
Jetzt wissen wir auch, warum Er dem Volk keine Waffen erlaubt - nich mal ne Gaspistole mehr. Es könnte sich wehren...

lacrime_mundi
[/quote]
 

agentP

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Wenn ich mir so durchlese, was für eine Rechtsauffassung manche hier haben, dann bin ich eigentlich sehr froh, dass der Staat keine privaten Waffen erlaubt. Auf Wilden Westen habe ich nämlich keinen Bock. :roll:

Schließlich handelt es sich bei ihm nicht um einen unbescholtenen Bürger
der nach ner Fete mit der U-Bahn nach Hause fährt sondern eben
um jemanden der schon zuvor wegen Randale aus dem Jugendheim geflogen
ist und dann andernorts genauso weitermacht.
Dafür könnte er ja durchaus bestraft werden, z.B. wenn der Kumpel von Sven, den er vorher niedergeschlagen hat Anzeige wegen Körperverletzung stellen würde. Ob der das nicht gemacht hat oder ob das nur nicht erwähnt wird, weil die andere Geschichte interessanter ist weiss ich nicht. Das wäre dann aber ein eigenes Verfahren.
 

Gilgamesh

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Der Staat erlaubt zwar keine Waffe, aber die Gewalttäter haben trotzdem welche, große Messer und Schusswaffen. Muckst Du und bietest denen die Stirn, verkürzt du gleich deine Lebensaussicht. Hier in Hamburg auf´n Kiez sieht man das immer wieder.
 

lacrime_mundi

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Ist mir bekannt, aber du musst das Teil anmelden. Was bis vor kurzem nicht nötig war. Die D-Diktatur will halt über alles Bescheid wissen.
Nur die Kriminellen halten sich nicht daran...
Dieser Fall ist eine Schande für die Justiz!

lacrime_mundi
 

antimagnet

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Nur die Kriminellen halten sich nicht daran...

das, was die kriminellen machen, allen zu erlauben - das ist gar kein so schlechter ansatz. man schlägt gleich zwei fliegen mit einer klappe. denn erstens könnte man dann den kriminellen quasi auf augenhöhe begegnen. und zwotens wären die dann ja gar nicht mehr kriminell...

:laurin:
 

DrJones

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Es ist ja nicht die Waffe sondern der Mensch der eine Tat begeht.
Und Verbrecher halten sich wohl auch nicht an 'mildeste Mittel'
oder 'Verhältnismäßigkeit' bei den von ihnen verübten Taten.
 

lacrime_mundi

Geselle
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"Die" dürfen ja auch nicht. Aber denen ist es egal und die haben auch ein ganz anderes Motiv als Selbstverteidigung. Von daher nicht zu vergleichen, aber war wohl auch als Scherz gemeint...oder? :?!?:
Ich bin schon für eine Liberalisierung des Waffengesetzes aber natürlich unter bestimmten Mindestanforderungen an den Bewerber. Aber das führt zu weit OT...
Hat auch nix mit Wilder Westen zu tun, wie hier schon befürchtet wurde. :read:

lacrime_mundi
 
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