Größte Auswanderungswelle der Geschichte

Ein_Liberaler

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Franziskaner schrieb:
Also stimmt die Aussage, das der Kapitalismus in mehr oder weniger nützliche Existenzen unterscheidet dann doch? So, jetzt mag das vom Standpunkt eines Ökonomen emotionslos sein - doch du hast ja selbst erkannt das beispielsweise eine moralische Betrachtungsweise davon abweichen kann.

Adam Smith unterschied beispielsweise in produktiv und unproduktiv, wobei er Clowns, Richter und Soldaten als unproduktiv ansah. Aber nicht als unnütz.

Den Kapitalismus, der denken und unterscheiden könnte, gibt es ja bekanntlich nicht. Als Anhänger von Mises würde ich sagen, der eine oder andere Mensch ist für einen dritten mehr oder weniger nützlich oder völlig unnütz. Tatsache, Ende. Aber selbst jemand, der für alle anderen völlig unnütz wäre, verliert deshalb noch lange nicht seine Menschenrechte, u.a. das auf Leben.

Das müßten eigentlich nicht nur Anhänger des Kaptalismus einsehen, sondern jedermann, denn es scheint mir eigentlich unbestreitbar zu sein.

Nur totalitäre Staaten wollen noch die Kinder Verbandmull zupfen und die Alten Rekruten anfeuern lassen. Nur wer den Menschen restlos ausnutzen will, kann auf die Idee kommen, unnütz gewordenen sterben zu lassen (und den Feldchirurgen befehlen, Krüppel verbluten zu lassen).

Da ich von der allgemeinen Freiheit zur wirtschaftlichen komme, steht mir solches Denken ziemlich fern.

Die Frage ist halt, in wie weit wir jetzt ausgerechnet die Ökonomie als Richtlinie für das Leben aller hernehmen,

Überhaupt nicht. Ich jedenfalls tu's nicht. Davon ab, will ich sowieso keine Richtlinien für das Leben aller. Soll sich mal jeder seine eigenen machen.

wo doch offensichtlich ist, das sie als kalte, rein auf Zahlen basierte Lehre so Sachen wie Menschlichkeit und Moral einfach mal aussen vor lässt.

Sie beschäftigt sich damit, wie die Welt ist, nicht wie sie sein sollte. Moral nimmt sie zur Kenntnis, aber sie fordert keine, jedenfalls keine spezielle. Man sollte ihr auch kein "laßt ihn sterben" in den Mund legen, wenn sie konstatieren sollte "dieser Mensch ist unnütz". Wenn sie einen Menschen für schädlich erklärt, etwa einen Räuber, wird das ja auch nicht als Befürwortung der Todesstrafe verstanden.

Ja, diese Theorie hab ich schon ein paar Mal von dir gehört. Meine Beobachtung ist, das Reiche dann eine Stiftung gründen wenn ihnen das Geld aus den Ohren quillt und sie anderweitig keine Steuersparmöglichkeiten mehr finden.

Was hat denn Bill Gates von seiner Stiftung? Aber egal, ich will die Armenfürsorge ja bei der Gemeinde lassen. Es würde zwar auch auf freiwilliger Basis funktionieren, aber was soll's.

Und das der Kapitalismus einen ordentlichen prozentualen Anteil an erwerbslosen Menschen als Druckmittel braucht und auch mehr oder weniger bewusst forciert, ist eine Beobachtung von deren Richtigkeit du mich mit keinem theoretischen Modell abbringen wirst. Aber das weisst du ja schon, dafür hatten wir die Diskussion ja schon oft genug.

Ja. Aber wer ist der Kapitalismus? Es gibt nur eine Menge von Unternehmern, und wie zum Henker sollen die sich alle absprechen, Leute in der Arbeitslosigkeit zu halten, wenn doch immer einer von den Tausenden einen Schnitt machen kann, indem er einstellt?

Das Gefangenendilemma kennst Du ja.

(Wobei mir gerade ein Weg einfällt, da rauszufinden: Flächentarifverträge, Mindestlöhne, Kündigungsschutz, Gewerbescheine. Mist, da krieg ich wohl kein Patent mehr drauf.)

Das ist ok. Das Geld dafür bei den Gemeindemitgliedern zu holen, die mehr als genug davon haben, halte ich für ein natürliches Recht.

Ich nicht. Für mich gibt es ein Recht, sein Leben auch auf Kosten anderer zu retten, aber dadurch entsteht eine Schuld. Ferner gibt es für mich eine Pflicht zur Fürsorge.

Ok, mein alter Sozi-Opa, langjähriger Gewerkschafter in der IG Metall erzählt mir letzthin, das er schon 1972 auf einem Kongress war, in dem die Grenzen des Wachstums und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung (und natürlich Gewerkschaftsarbeit) erörtert wurden. Das heisst, wenn du dem Traum heute noch anhängst, ist er entweder realistisch, oder du wachst irgendwann mit über 30jähriger Verspätung auf.

Wir werden wohl dahingehend, warum das Wachstum damals ins Stocken gekommen ist, zu keiner Übereinstimmung finden.

Das heisst also, wir haben heute weniger Bedürfnisse als in den 60er und 70er Jahren, als die Arbeitslosigkeit geringer war?

Nein. Was man ins Lächerliche zieht, hat man damit nicht schon widerlegt.
 

Franziskaner

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Ein_Liberaler schrieb:
Ja. Aber wer ist der Kapitalismus? Es gibt nur eine Menge von Unternehmern, und wie zum Henker sollen die sich alle absprechen, Leute in der Arbeitslosigkeit zu halten, wenn doch immer einer von den Tausenden einen Schnitt machen kann, indem er einstellt?

Würd ich dir prinzipiell zustimmen, wenn nicht die Tendenz zur Konzentration eindeutig erkennbar wäre. Ich weiss, du bist der Meinung, das wäre nur eine Folge staatlicher Eingriffe, ich seh das halt anders...

Wobei mir gerade ein Weg einfällt, da rauszufinden: Flächentarifverträge, Mindestlöhne, Kündigungsschutz

Zur Nützlichkeit dieser Dinge gerade für deutsche Unternehmen hab ich schon mal was geschrieben.

Wir werden wohl dahingehend, warum das Wachstum damals ins Stocken gekommen ist, zu keiner Übereinstimmung finden.

Ja, das denk ich auch.

Das heisst also, wir haben heute weniger Bedürfnisse als in den 60er und 70er Jahren, als die Arbeitslosigkeit geringer war?

Nein. Was man ins Lächerliche zieht, hat man damit nicht schon widerlegt.

Eine simple Frage. Was war daran ins Lächerliche gezogen? Ich finde eher deine Antwort darauf einen Versuch, eine berechtigte Frage zu diskreditieren.
 

Ein_Liberaler

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Franziskaner schrieb:
Würd ich dir prinzipiell zustimmen, wenn nicht die Tendenz zur Konzentration eindeutig erkennbar wäre. Ich weiss, du bist der Meinung, das wäre nur eine Folge staatlicher Eingriffe, ich seh das halt anders...

Nein, Konzentrationen können sich auch aus dem freien Spiel der Kräfte ergeben, wenn sie die Kundenwünsche besser befriedigen. Trotzdem: Wie sollen sich alle über die Branchen hinweg einig sein, nicht einzustellen? Wieso ist die Arbeitslosigkeit anderswo soviel niedriger als bei uns? Wenn 5% wie in England ausreichen, um die Arbeiter zu disziplinieren, wieso verzichten unsere Unternehmer dann auf die Ausbeutung von weiteren 5% ? Ich kann mit dieser Theorie bei möglichster Objektivität nichts anfangen.

Zur Nützlichkeit dieser Dinge gerade für deutsche Unternehmen hab ich schon mal was geschrieben.

Na, für einen Teil sind sie sicher nützlich. Sie helfen, Konkurrenz vom Leib zu halten. Wer nicht hochproduktiv mit hohem Kapitalansatz wirtschaftet, hat keine Chance.


Eine simple Frage. Was war daran ins Lächerliche gezogen? Ich finde eher deine Antwort darauf einen Versuch, eine berechtigte Frage zu diskreditieren.

Ich rede von einem Megatrend, und Du konterst mit einer vergleichsweise winzigen Abweichung.

Daß ich die Arbeitslosigkeit im Vergleich zu den Sechzigern darauf zurückführe, daß Arbeit besteuert und Nichtarbeit subventioniert wird, wirst Du wissen.
 

woelffchen

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woelffchen, Menschen verhungern und sterben an leicht heilbaren Krankheiten, weil sie arm sind. Was Afrika braucht, ist Kapitalismus, die Möglichkeit, Geld zu verdienen.

Genau das wollte ich damit sagen.
Hätte der Somali 1.000 Euro im Monat, wäre - schwupps - eine neues Malaria-Medikament da bzw. genug Nahrungsmittel für alle.

Leider sind hat meisten die Länder von der Armut am stärksten betroffen, in denen es totalitäre oder kommunistische Regierungen gibt.
Da stopfen sich dann die oberen (ohne Kontrolle) die Taschen voll.....

Ob ein freier Kapitalismus die Probleme der Welt lösen könnte ?
Das glaube ich auch nicht.
Obwohl durch den Kapitalismus bzw. den freien Handel der Wohlstand für die Masse der Menschen größer geworden ist.

Aber ohne Kontrolle und überwachung geht es nicht, dann artet es aus.

Würde es keine Lebensmittelkontrollen mehr geben - wer würde dann die Betriebe kontrollieren ?
Möchte hier nur mal das "Eckelfleich" von Passau (Berger-Wild) und Deggendorf (Frost-GmbH) ??? und das mit Pestiziden verunreinigte Futtermittel ansprechen.

Ohne Gesetze und Kontrollen würden Tierabfälle + verdorbenes Fleisch verarbeitet werden, diese Firmen wäre dann billiger als die Konkurenz, die "gute" Ware verarbeitet.
DU als Verbraucher weißt nicht, ob dort Schlachtabfälle in die Wurst kommen - kannst dich also auch nicht für die qualitativ hochwertigeren Produkte entscheiden.

Und, die Gesetze, die hier den Wettbewerb behindern, und in anderen Ländern nicht existieren, sind meiner Meinung nach nicht schlecht.

Was könnte man z. B. abschaffen ?

Umweltschutzbestimmungen ?
Arbeitsschutzbestimmungen ?

Kündigungsschutz ?
Ist meiner Meinung auch ein zweischneidiges Schwert.
Wenn in seit 5 Jahren in einen Betrieb bin, überlege ich mir, ob ich für 200 Euro meinen Arbeitsplatz wechsle, wgn. Kündigungsschutz.....
Dafür hat der Betrieb einen loyalen MA, der die Arbeit kann und gelernt hat.
Ohne Kündigungsschutz kann er dich zwar sofort entlassen, DU kannst aber dann auch für 200 Euro nen neuen Job annehmen, ist ja dann eh egal.

Gestern war auf WDR ein Bericht über eine Firma, die Trollis in China produziert.

Eine Aussage daraus:

"Die Menschen arbeiten 12 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, in unerträglichen Chemie(Plastik)Dämpfen, die einem die Luft zum Atmen nimmt."

Umwelt- oder Arbeiterschutz ist dort unbekannt.
Haben ja genug Arbeiter.
Umwelt - was solls, das Land ist groß......

Diese Dinge kosten in Deutschland, Europa oder Nordamerika natürlich Geld.

Aber sollte man es deshalb lassen ?
 

Ein_Liberaler

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woelffchen schrieb:
Aber ohne Kontrolle und überwachung geht es nicht, dann artet es aus.

Würde es keine Lebensmittelkontrollen mehr geben - wer würde dann die Betriebe kontrollieren ?
Möchte hier nur mal das "Eckelfleich" von Passau (Berger-Wild)

Mein Lieblingsbeispiel! Wer hat Berger überwacht? Der Bayerische Staat. Was ist die Konsequenz? Die bestechlichen (?) Kontrolleure werden vielleicht entlassen, aber den bayerischen Staat und die entsprechende Behörde juckt das nicht, allenfalls muß der Fall als Begründung für noch mehr Bürokratie, also noch mehr Bürokraten herhalten.

Der Enronskandal hat im Vergleich gezeigt, daß massives Versagen eine private Wirtschaftsprüfungsfirma in die Pleite und vom Markt drängen kann.

Ich halte es also für durchaus möglich, daß eine private Zertifizierungsstelle Berger strenger kontrolliert und keine Versäumnisse hätte durchgehen lassen.

Umweltschutzbestimmungen ?

Sind leider vielfach ziemlich willkürlich. Ich bin eher für eine Verschärfung - im Sinne der Eigentümer der geschädigten Umwelt.


Arbeitsschutzbestimmungen ?

Sollten mit den Gewrkschaften ausgehandelt werden.

Kündigungsschutz ?
[...] Ohne Kündigungsschutz kann er dich zwar sofort entlassen, DU kannst aber dann auch für 200 Euro nen neuen Job annehmen, ist ja dann eh egal.

Stellen wir doch beide Parteien gleich. Kündigungen mit Frist, aber ohne Begründung.

Gestern war auf WDR ein Bericht über eine Firma, die Trollis in China produziert.

Eine Aussage daraus:

"Die Menschen arbeiten 12 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, in unerträglichen Chemie(Plastik)Dämpfen, die einem die Luft zum Atmen nimmt."

Scheint ja schöne Propaganda zu sein. Warum arbeiten die denn da? Weil es ihnen vielleicht besser geht als auf dem Dorf? Und inwiefern greift die Regierung zugunsten der Fabrikanten in den Arbeitsmarkt ein? Das wird gern unterschlagen.

Umwelt- oder Arbeiterschutz ist dort unbekannt.
Haben ja genug Arbeiter.

Arbeitsschutz wird sich durchsetzen, sobald die Arbeiter in eine bessere Verhandlungsposition kommen. Sie werden nämlich schon knapp, was sich u.a. in steigenden Löhnen äußert.

Umwelt - was solls, das Land ist groß......

Und herrenlos. Und wenn sich ein Bauer über ein verseuchtes Feld beklagt, wird er wahrscheinlich von der Polizei zusammengeschlagen.

Diese Dinge kosten in Deutschland, Europa oder Nordamerika natürlich Geld.

Aber sollte man es deshalb lassen ?

Wir können uns das leisten. Und wir sollten die Menschenrechte achten.
 

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